"Warum gibt es in Deutschland keinen Mindestlohn?" Moderator Davor Crvlje fragte den Politiker Peter Friedrich gar nicht erst, ob Mindestlöhne sinnvoll oder notwendig sind. Wenn Frankreich, Großbritannien und sogar die USA den gesetzlichen Mindestlohn vorschreiben, dürfe doch Deutschland nicht zurückstehen. Warum also handelt die Regierung nicht, wollte der Südkurier-Redakteur wissen, der die Podiumsdiskussion des SPD-Kreisverbands leitete. Auch der Titel der Veranstaltung provozierte: "Werden Arbeitnehmer zu Freiwild?" Nicht nur über Löhne, sondern auch über faire Arbeitsbedingungen und neue Herausforderungen in der Arbeitswelt diskutierten IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Claudius Marx, IG-Metall-Sekretär Johann Blaschke, Rechtsanwalt Michael Wirlitsch mit dem Konstanzer SPD-Abgeordneten.
"Die CDU will den Mindestlohn nicht", berichtete Friedrich von den Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner.
Claudius Marx gefiel sich in der Rolle des "bad guy", ohne dessen abweichende Meinung eine spannende Veranstaltung nicht möglich wäre. Es sei verführerisch aber falsch, alle Probleme mit staatlichen Anordnungen lösen zu wollen. "Denn man kann keine Gesetze am Markt vorbei machen." Auch den internationalen Vergleich ließ der eloquente Wirtschaftsvertreter nicht gelten. "Wo es wirtschaftlich gut läuft, braucht man Mindestlöhne nicht; wo es schlecht läuft, wirken sie nicht."
Eine funktionierende Marktwirtschaft brauche aber Regeln und faire Wettbewerbsbedingungen für alle, entgegnet Peter Friedrich. Gewerkschafter Johann Blaschke berichtet von Erfahrungen aus den Betrieben. Dort erlebe er jeden Tag "Erpressung von oben nach unten". Mindestlöhne seien eine Haltelinie. Daher komme es gar nicht auf den exakten Betrag an.
Auch Peter Friedrich sieht im Mindestlohn kein Allheilmittel. "Sozialpolitik wird dadurch nicht überflüssig", sagt der Abgeordnete.
Wie kann Lohndrückerei durch Leiharbeit verhindert werden? Wer zum Stamm gehöre erhalte in der Metall-Industrie 16,96 Euro Stundenlohn, Leiharbeiter kommen auf 7,38 Euro. Blaschke berichtet, wie in den Unternehmen Tarifverträge unterlaufen werden. Mehr Rechte für Betriebsräte könnten eine Hilfe sein, meint Anwalt Michael Wirlitsch. Peter Friedrich kündigte Rechtsänderungen an. Leihbarbeit dürfe nur zeitlich begrenzt zulässig sein.